PR-Wissen: Wo fangen die Public Relations an – und wo hört die Werbung auf?


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Public Relations (PR) und Werbung - der Versuch einer Abgrenzung

 

Fragt man nach dem Unterschied zwischen den Public Relations (PR) und der Werbung, so scheint die Frage einfach beantwortet. Ganz klar: PR ist, wenn man in der Zeitung steht (vgl. Deg, Robert: Basiswissen Public Relations : professionelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. 6., überarbeitete und erweiterte Auflage, Wiesbaden, 2017, Seite 9)
und Werbung, das sind die Anzeigen in der Zeitung und die lustigen Spots im Kino oder dem Fernsehen.
Doch halt, so einfach ist das nicht. Insbesondere in Zeiten der Sozialen Medien verschwimmen die Grenzen. Auch gibt es sogenannte Formate, die sowohl Werbe- als auch PR-Anteile enthalten.

Advertorials und Native Advertising

Denken wir doch zum Beispiel an die sogenannten Advertorials, die auf Nachrichten-Websites im Internet als Native Advertising gerade eine wahre Renaissance erleben.
Optisch wie ein redaktioneller Inhalt aufbereitet, geschrieben im journalistischen Stil (manchmal auch so recherchiert) und letztlich doch gekauft wie Werbung.

Image-Anzeigen

Oder die Imageanzeigen in Magazinen, die zweifellos als Werbeanzeigen gekauft sind, in der Art und Weise und dem Duktus ganz klar PR-orientiert sind, indem sie nachhaltig Einstellungen und Meinungen beeinflussen und im Sinne des Unternehmens ändern wollen.

PR als Instrument der Kommunikationspolitik im Marketing-Mix

Betrachtet man Werbung und PR als Element der 4 P’s im Marketing-Mix, Promotion (Kommunikationspolitik), dann erfüllt die PR durchaus operativ durchaus eine von der Werbung unterscheidbare Funktion. Doch auch hier gibt es ein gemeinsames Ziel. Die Absätze/Umsätze zu steigern oder andere unmittelbaren Ziele zu erreichen. So unterstützt die PR im Zusammenspiel mit der Werbung die Produkt- und Markenkommunikation. Beispiele sind dann zum Beispiel die Marken-PR oder Produkt-PR. Das Ziel ist die Beeinflussung des Kaufverhaltens bestimmter Zielgruppen und, wie oben bereits erwähnt, die Absatzförderung.

Die strategische Managementfunktion der PR

Betrachtet man aber die strategische Managementfunktion der PR, so entfernen wir uns von der Marketingaufgabe und begebenen uns in den Bereich der Unternehmenssteuerung. Dann wird die PR ein Instrument der Unternehmenskommunikation zum Zwecke der Beeinflussung des sozialen und politischen Umfelds. Nach Ansgar Zerfaß, Universitätsprofessor am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig und aktuell einer der führenden deutschen Wissenschaftler im Bereich der Unternehmenskommunikation, sollen die Public Relations problemadäquate Rahmenbedingungen für das betriebswirtschaftliche Handeln schaffen, zur „Sicherung prinzipieller Handlungsspielräume“ und zur „Legitimation konkreter Strategien“ (vgl. Zerfaß, Ansgar: Unternehmenskommunikation und Kommunikationsmanagement: Strategie, Management und Controlling. In: Zerfaß, Ansgar / Piwinger, Manfred (Hrsg.): Handbuch Unternehmenskommunikation. Strategie − Management − Wertschöpfung. 2., vollst. überarb. Aufl. Wiesbaden 2014, 52)

Zielgerichtete Kommunikation mit Stakeholdern

Verkürzt könnte man zusammenfassen, dass PR immer die interessengeleitete Kommunikation ist und das Management der Kommunikation von Organisationen gegenüber ihren Stakeholdern, Bezugsgruppen, Dialoggruppen oder Teilöffentlichkeiten darstellt.

Während PR im Kontext der Marketing-Kommunikation im Organigramm eines Unternehmens eher der Marketing-Abteilung bzw. dem Produktmanagement zuzuordnen wäre, würde man die Strategische Managementfunktion eher in einer Stabsstelle Corporate Communications, im Vorstandsbereich, im Bereich Unternehmensführung, im Bereich der Public Affairs, der Verbandskontakte oder ähnlichen Bereichen einordnen

PR und Werbung sollen Meinungen und das Verhalten beeinflussen

Auch Werbung ist interessensgeleitete Kommunikation und soll ebenso Meinungen, Entscheidungen und das Verhalten der Zielgruppen beeinflussen. Beide kommunizieren, je nach Definition die Werbung mit Zielgruppen, die PR mit ihren Bezugsgruppen. Jedoch lassen sich auch klar Unterschiede feststellen.

Unterschiede der Disziplinen

Werbung ist weitgehend von kommerziellen Interessen bestimmt und nimmt direkten Einfluss auf den Absatz (Bsp. Abverkaufs-Werbung im Handel). PR ist dagegen an der Einstellung der Öffentlichkeit (bzw. Stakeholder) ausgerichtet und wirkt damit eher indirekt.
Siegert/Brecheis sehen den Unterschied im Zeithorizont der Disziplinen. Die Werbung wirke nach Auffassung der Wissenschaftler eher kurz- bis mittelfristig, die PR eher mittel- bis langfristig,
Dabei erwähnen sie zudem als markanten Unterschied zwischen Werbung und PR die Erscheinungsform in den Medien. Werbung ist bezahlt und finde in gekennzeichneten und ausgewiesenen Zeiten und Flächen statt. PR erscheine hingegen als Nachricht und finde so Einfluss in die redaktionellen Inhalte. Außerdem sei PR nicht als solche ausgewiesen. Auch die Unterscheidung zwischen Zielgruppen (Werbung) und Bezugsgruppen (PR) wird als Unterschied erkannt.
Wenn Sie diese interessante Gegenüberstellung interessiert, lesen Sie selbst: Siegert, Gabriele / Brecheis, Dieter: Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft. Wiesbaden 2005, Seite 44
Mein Einwand zu dieser Gegenüberstellung ist, dass Siegert/Brecheis sich bei der Darstellung der PR zu sehr am PR-Instrument Presse- bzw. Medienarbeit orientieren. Dass PR ein wesentlich breiteres Instrumentarium beinhaltet, ist den Autoren sicher bewusst – und die Einengung erfolgte wahrscheinlich nur, um die Unterschiede deutlicher zu machen.
Im Übrigen, und wie schon oben angedeutet, können Bezugsgruppen in der PR – je nach Definition und Fachbereich, auch als Stakeholder, Teilöffentlichkeiten oder Dialoggruppen bezeichnet werden.

Bei Social Media verschwimmen die Grenzen

Eine Abgrenzung im Social Media-Dialog lässt sich schwer umsetzen, da Instrumente und Kanäle von Werbung und PR zum Teil identisch sind. Wie eingangs bereits angedeutet, weichen dialogorientierte Ansätze in den sozialen Medien die Abgrenzung der beiden Disziplinen immer mehr auf, wobei in meinen Augen im Dialog mit den Zielgruppen die PR die Führung übernehmen sollte. Die Kollegen aus der Werbung sehen das eventuell anders. Dafür sollte die Anzeigenschaltung, das Zielgruppen-Monitoring, innovative Werbeformate etc. von der Werbeabteilung geführt werden. Beispielsweise werden sogenannte Influencer sowohl PR-seitig (inhaltlich) als auch werbeseitig (direkter Einkauf der Nennung von Werbebotschaften) betreut und bearbeitet.
Damit man nicht nebeneinander, sondern miteinander arbeitet, ist eine enge Kooperation und die intensive Abstimmung der Maßnahmen unabdingbar.
Die oben erwähnten Mischformen, wie Imageanzeigen im Rahmen von langfristig konzipierten Imagekampagnen sowie die als Redaktion getarnten Advertorials bzw. Native Advertising im Internet, machen eine Unterscheidung ohnehin schwierig, ohne einem der Disziplinen unrecht zu tun.

Printmedien im Überlebenskampf opfern Heilige Kühe

Ein weiterer Grund, warum PR und Werbung nicht mehr unabhängig voneinander arbeiten können, liegt auch darin, dass die vorherrschende Stellung der Print-Medien als Multiplikator der Botschaften schmilzt. Abnehmende Auflagen und damit die kritische wirtschaftliche Situation der Verlage verstärkt die Verknüpfung von redaktioneller Berichterstattung und Werbeschaltung, Die „Heilige Kuh“ der redaktionellen Unabhängigkeit wird von den Redaktionen zwar nach wie vor hochgehalten (man möchte sagen: Zum Glück und hoffentlich noch lange), doch wirtschaftliche Zwänge steigern die Bedeutung der Werbekunden immens und so wird Tag für Tag die oben genannte Heilige Kuh Schritt für Schritt näher an die Schlachtbank herangeführt. Das bedeutet, dass der Einfluss der Werbekunden auf die redaktionelle Berichterstattung und damit der Druck auf die Redaktionen kontinuierlich größer wird. Dies betrifft sowohl die Tageszeitungen als auch Fachmagazine mit kleiner Auflage oder Zeitschriften, die unter einem großen Wettbewerbsdruck stehen.

 

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